Der SPD-Unterbezirk Northeim-Einbeck hat die Reihe seiner Foren zu wichtigen Zukunftsthemen fortgesetzt. Nachdem es nach den ersten beiden Veranstaltungen um die Bildungspolitik und Zukunft der kommunalen Selbstverwaltung ging, stand diesmal das Thema: Vereinbarkeit von Familie und Beruf Lokale Bündnisse für Familien auf einer gut besuchten Veranstaltung in Bad Gandersheim auf der Tagesordnung.

SPD-Unterbezirksvorsitzender Uwe Schwarz wies in seiner Eröffnungsrede darauf hin, dass Familienpolitik vielfach als Sozialromantik und weicher Standortfaktor belächelt worden sei. Zwischenzeitlich ist aber klar, so Schwarz: Familienpolitik muss schon im Interesse der Zukunftssicherung unseres Landes, unseres Landkreises und unserer Kommunen der absolute Schwerpunkt unserer Arbeit in den nächsten Jahren sein. Die SPD hat nach Aussagen ihres Vorsitzenden in ihrem Kreiswahlprogramm die Familienpolitik zum Schwerpunktthema gemacht. Dabei wollen die Sozialdemokraten in Abstimmung mit den Kommunen ein landkreisweites Bündnis für Familien. Die Notwendigkeit ergibt sich schon aus der demographischen Entwicklung bis 2020 im Landkreis Northeim.

Die stellv. Unterbezirksvorsitzende Frauke Heiligenstadt, die gleichzeitig Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion in der Enquetekommission demographischer Wandel ist, machte anhand ihrer Ausführungen deutlich, dass die Bevölkerung im Landkreis Northeim bis zum Jahre 2021 um mehr als 10% zurückgehen werde. Dabei sei der Bevölkerungsrückgang in den einzelnen Städten und Gemeinden des Landkreises sehr unterschiedlich und reiche von 8 bis 14%. Vor allem die deutliche Reduzierung der über 30-44jährigen habe nach Auffassung von Frauke Heiligenstadt erhebliche negative Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt, die Arbeitsplätze und vor allem auf die Einnahmesituation der Städte und Gemeinden. Vielfach sei die Dramatik der Entwicklung vor Ort überhaupt noch nicht erkannt worden, fuhr Heiligenstadt fort.

Nach Auffassung des SPD-Unterbezirksvorsitzenden Schwarz müsse man im Landkreis das Rad nicht neu erfinden. Vielmehr könnte auf die Erfahrung bereits bestehender Bündnisse auch in anderen Landkreisen zurückgegriffen werden. Die Bildung derartiger Bündnisse geht auf die Initiative der früheren Bundesfamilienministerin Renate Schmidt zurück. Eines der ersten in Deutschland gegründeten Bündnisse war das ostfriesische Bündnis für Familien. Die dortige Leiterin der Frauenförderung und stellv. Leiterin des Zentrums für Arbeit in Leer, Monika Fricke, schilderte in einem eindruckvollen und sehr engagierten Referat die Entstehung und den Werdegang des Bündnisses und sparte dabei auch nicht die sich in diesem Prozess ergebenen Schwierigkeiten aus.

Die mit den Bündnissen erhofften Vorteile seien Standortvorteile, Verbesserung der lokalen Infrastruktur für Familien und die positive Einflussnahme auf die Bevölkerungsentwicklung. Nach Auffassung von Frau Fricke handelt es sich dabei zunächst erst einmal um Schlagwörter. Dass diese inhaltlich mit Leben gefüllt werden, hängt von der Bereitschaft der örtlichen Akteure ab und von der Bereitschaft, Kirchturmspolitik nicht in den Vordergrund zu rücken. Konsens aller Akteure sei, dass vor allem mehr Betreuungsangebote für Kinder geschaffen werden müssten, die den Bedürfnissen der Erziehungsberechtigten vor allem der Frauen entsprächen. Das ostfriesische Bündnis für Familien umfasst nach Aussagen von Frau Fricke die Bereiche: Arbeitswelt und Familie, Gesundheit und Pflege, Erziehung und Bildung, familienfreundliche Netzwerke der Kommunen und Verkehrsanbindung. Was nützten Arbeitsbereitschaft und sogar vorhandene Arbeitsplätze und Betreuungsangebote, wenn sie von den Betroffenen nicht flexibel erreicht werden können, betonte die Referentin. Diese Fragestellung sei unter anderem im ostfriesischen Bündnis der Grund für die Einrichtung eines Rufbusses gewesen, den jeder mit maximal vier Euro Unkostenbeitrag anfordern könne.

Darüber hinaus funktioniere das Bündnis unter anderem deshalb gut, weil es organisatorisch auch direkt mit der Arbeitsagentur verzahnt sei. Die Vermittler gehen nach Aussagen von Frau Fricke in die zwischenzeitlich 93 am Bündnis beteiligten Firmen und würden so die Arbeitsbedingungen und den Arbeitskräftebedarf vor Ort direkt kennen. 1400 Vermittlungen seien auf diese Weise zwischenzeitlich entstanden. Durch die enge Verzahnung mit dem Familienzentrum, was sich finanziell selber trägt, können auch gleichzeitig Kinderbetreuungsangebote koordiniert werden.

Natürlich gebe es auch die natürlichen Eitelkeiten unter den und zwischen den Akteuren im Bündnis. Nicht zuletzt sei es schwierig gewesen, das Konkurrenzdenken der einzelnen Städte und Landkreise zu überwinden, zumal das ostfriesische Bündnis ja sogar drei Landkreise umfasst. Allerdings bestehe vor Ort Einigkeit in der Feststellung, dass es zu der gewählten Organisationsform keine erfolgsversprechende ernsthafte Alternative gebe, stellte die Leiterin abschließend fest.

Der Bad Gandersheimer Bürgermeisterkandidat, Jürgen Steinhoff, machte im Rahmen der Veranstaltung in einem Grußwort deutlich, dass für ihn und die SPD ein lokales Bündnis vor Ort auch eine herausgehobene Funktion hat. Steinhoff wörtlich: Familienfreundlichkeit bedeutet, dass die Menschen Arbeit in der Stadt haben, wo sie wohnen, und dass Wohnraum bezahlbar bleiben muss. Familienfreundlichkeit bedeutet auch, dass die Menschen einkaufen können, und dass sie medizinisch versorgt werden. Dazu gehören nach Steinhoffs Worten aber auch Freizeiteinrichtungen und Infrastruktureinrichtungen, die unsere Städte attraktiv und lebenswert erscheinen lassen.

Die hochkarätige Veranstaltung wurde abgeschlossen durch Frau Johanna Küchler, die das Konzept eines Betriebskindergartens der Firma ContiTech in Northeim vorstellte. Aus diesen Ausführungen wurde deutlich, dass es auch in unserem Landkreis schon vielversprechende Ansätze zwischen Wirtschaft und Politik gibt, um gemeinsam Familienpolitik als wichtigen Standortfaktor auszubauen, stellte Unterbezirksvorsitzende Uwe Schwarz abschließend fest.