In der Veranstaltung "Perspektiven für Kreise, Städte und Gemeinden - Kommunale Handlungsspielräume eröffnen" am 20.04.2006 in Einbeck berichteten die ReferentInnen über die aktuelle Situation von Kommunen. In ihrem Beitrag berichtete die hauptamtliche Bürgermeisterin des Flecken Bovenden über konkrete Schritte der interkommunalen Zusammenarbeit und zeigte Perspektiven auf.

Nachfolgend veröffentlichen wir das Redemanuskript.

Ich bedanke mich für die freundliche Begrüßung heute, die Einladung an eine Bürgermeisterin aus dem Nachbarlandkreis zeigt ja, dass der UB-Northeim auch über den Tellerrand schaut.

Was ja angesichts des Themas, zu dem ich heute sprechen soll, auch angemessen ist.

Interkommunale Zusammenarbeit unter dem Obertitel Perspektiven für Landkreise, Städte und Gemeinden kommunale Handlungsspielräume...

Liebe Genossinnen und Genossen, verehrte Gäste!

Die aktuelle Situation der Gemeinden wird heute noch ausreichend beleuchtet, da kann ich es kurz machen. Das Geld ist knapp, die Einwohnerzahlen schrumpfen - bei gleichzeitig steigenden Erwartungen an die öffentliche Hand als Dienstleister, nicht nur, was z.B. Kinderbetreuungseinrichtungen angeht, sondern auch das Service-Angebot der Rathäuser betreffend.

Für diejenigen, die den Flecken Bovenden nicht kennen, ganz kurz einige Fakten: Bovenden hat ca. 14000 EW innen und liegt zwischen der Stadtgrenze Göttingens und der Grenze des Landkreises Northeim unter der Burg Plesse. In unseren Kindergärten bekommt jedes Kind einen Platz, auch ganztags, - Krippen- und Hortangebote sind bedarfsgerecht verteilt. Unsere Haupt- und Realschule ist Ganztagsschule, von den ca. 120 Seniorenwohnungen mit betreutem Wohnen sind alle bewohnt.

Eine eigene Studie der Gemeinde zur demographischen Entwicklung zeigt, dass im Jahr 2020 die Zahl der Kinder in der Gemeinde um rd. 20% sinkt, während die Zahl der über 75-jährigen um ca. 80% steigt. Damit sind wir deutlich besser dran als viele andere mit ihrer Bevölkerungsentwicklung, der Vorteil ist, wir haben etwas mehr Zeit uns darauf vorzubereiten. Anfang der 90-er Jahre gab es in der Gemeinde noch fast 2400 Arbeitsplätze, jetzt sind es keine 2000 mehr. Mehr als 10 Jahre lang konnte ansiedlungswilligen Firmen keine ausreichenden Gewerbeflächen angeboten werden. Das hat sich seit letztem Jahr geändert. Die Erschließung des Gewerbegebietes AREA 3, - was nichts anderes heißt als Gebiet an der B3, ist fast fertig, und das ist durchaus ein Ergebnis interkommunaler Zusammenarbeit. Die sehr teure Erschließung der Bovender Flächen - nicht zuletzt durch komplizierte Anforderungen an die Anbindung zur neuen B3 - machte eine Realisierung des Vorhabens nur mit entsprechender Landes- bzw. EU-Förderung möglich. Die wiederum gibt es nur noch bei besonders innovativen Vorhaben - - oder z.B. bei interkommunaler Zusammenarbeit. Da der Flecken Nörten-Hardenberg zur gleichen Zeit direkt angrenzend an unsere Flächen plante, haben wir uns zusammengetan, nicht nur pro forma, sondern bis hin zu einer gemeinsamen Vermarktung.

Das erste Ergebnis dieser Kooperation waren die 3 Mio. Euro Landes- bzw. EU-Förderung, die für die Erschließung dieses Gebietes als Zuschuss geflossen sind. Das zweite, wichtigere Ergebnis wird hoffentlich die Ansiedlung zukunftsfähiger Unternehmen, wünscht uns Erfolg!

Nörten und Bovenden waren früher starke Konkurrenten, die sich beargwöhnten. Gesunde Konkurrenz ist immer noch richtig, doch lernen wir zunehmend an einem Strang zu ziehen und nicht nur den eigenen Kirchturm im Auge zu haben.

Inzwischen sind noch weitere Kirchtürme dazugekommen. Gemeinsam mit Friedland, Rosdorf und Göttingen haben wir, Nörten und Bovenden uns zusammengetan, um den Standort Göttingen in den Fokus der Logistikwirtschaft zu rücken. Göttingen hat erkannt, das die eigenen Flächen am Güterverkehrszentrum zu klein sind, - und wir drum herum nutzen das GVZ als Anker, um für unsere Flächen an der A7 eine bestmögliche Akquise zu betreiben. Eine überregionale Kampagne, zu der Bovenden und Nörten allein gar nicht in der Lage wären, wird auf uns aufmerksam machen.

Das könnte eine Initialzündung für die Region sein, denn es geht ausschließlich um Marketing, Standortmarketing, wie es andernorts erfolgreich betrieben wird. Nur brauchen sich in anderen Regionen dieser Republik nicht kleine Gemeinde wie wir um Standortmarketing kümmern, sondern das wird ihnen von großen , leistungsstärkeren Einheiten abgenommen. Das Regionalmanagement Nordhessen z.B. wird finanziert und organisiert von 5 Landkreisen und Kassel. Während bei uns immer noch diskutiert wird, was denn Osterode mit Dransfeld zu tun hat, oder ob sich auch das Eichsfeld in einer Kampagne Genius Göttingen (Schild) wiederfinden kann, haben sich alle um uns herum in Stellung gebracht und erkannt, dass in der überregionalen, ja internationalen Präsentation die einzelne Identität nicht wichtig ist. Natürlich bleiben auch wir zu Hause Bovender, Spanbecker, Katlenburger oder auch Nörtener. Als solche braucht man uns aber in München oder Amsterdam nicht zu kennen. Nur wenn wir Firmen ansiedeln und Arbeitsplätze herholen, kommen auch wieder neue Familien in die Region, und die entscheiden dann, ob sie in Friedland, Nörten oder in Bovenden wohnen.

Aber damit alle erkennen, dass es in Nörten, Bovenden oder diesmal auch in Ebergötzen am schönsten ist, haben wir schon vor einigen Jahren eine Broschüre über Burgen, Busch und Brot herausgebracht. Ein kleines Projekt zum üben quasi, in 6 Wochen war sie fertig. Sie zeigt unsere Burgen, das Brotmuseum, die Wilhelm Busch Mühle und auch den Seeburger See.

Immer, wenn wir gemeinsame Interessen erkennen sollten wir sie bearbeiten, uneitel und an der Sache ausgerichtet. Denn in den Firmen, die sich in Nörten ansiedeln, finden auch Bovender Arbeit und umgekehrt. Bei meinen Besuchen in Bovender Firmen erkundige ich mich immer, woher die Belegschaft kommt, die wenigsten davon kommen aus unserer Gemeinde. Deswegen muss es auch unser größtes Interesse sein, dass es in Göttingen gut läuft. Nur dann geht es auch dem Umland gut. Und das Umland von Göttingen reicht weit....!

Deswegen müssen wir regional zusammen arbeiten. Das ist so wichtig, wie nie zuvor, auch weil die EU es so von uns verlangt. Und wir sind ja auch gerne kreativ : Regionale Entwicklungskonzepte, Leader +, Modellregion Südniedersachsen, usw., usw. ... Irgendwann bekommen wir vielleicht sogar die Zuschüsse für Dorferneuerung oder Städtebauförderung nur noch nach vorheriger interkommunaler Abstimmung. Ich muss ganz ehrlich sagen, das bin ich langsam leid. Der Abstimmungsaufwand ist dermaßen hoch, - immer wieder neue Strukturen, neue Kooperationspartner, neue Planungsbüros, Bestandsaufnahmen ..., das Neueste ist gerade die Vorbereitung auf ILEK Integrierte Ländliche Entwicklungskonzepte . Gemeinden aus dem Landkreis Northeim suchen gemeinsam mit Bovenden nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit, um in den Genuss von Fördermitteln der EU zu gelangen zugunsten unserer Dörfer. Dazu müsste allerdings ein weiteres Regionalmanagement eingerichtet werden. Zusätzlich zu dem, was wir im Landkreis Göttingen für LEADER + schon haben... das ist eigentlich Wahnsinn. Den Bürgerinnen und Bürgern kann man das kaum noch erklären, Gemeinderäte machen oft nur noch zähneknirschend mit.

Doch auch das Land fordert uns zunehmend zu freiwilligen Kooperationen auf, - den Aufwand der Organisation und die Überzeugungsarbeit vor Ort überlässt man uns. Und das alles nur, weil sich niemand traut, an unsere Gebietszuschnitte heranzugehen und offensiv über eine Gebietsreform zu sprechen, besonders , was unsere Landkreise angeht. Ich bin fest davon überzeugt, das wir uns an dieses Thema in Ruhe heranwagen müssen. Die großen Themen wie Abfall, ÖPNV werden schon längst landkreisübergreifend, also interkommunal bearbeitet, - hierfür einen Zweckverband, dafür einen Zweckverband, - auch Naturschutzgebiete oder Flusslagen machen vor Landkreisgrenzen nicht Halt, und - wie man sieht, nicht mal mehr Gewerbegebiete.

Die Bürger können wir sowieso vor Ort bedienen. Inzwischen können Bovender Bürgerinnen und Bürger z.B. ihre Autos in unserem Bürgerbüro anmelden, und zwar während 42 Wochenstunden Öffnungszeit, - die Möglichkeiten des Internets werden erst allmählich deutlich. Für Bürgernähe brauchen wir also nicht unbedingt Landkreise mit diesem Zuschnitt. Was wir brauchen, sind Strukturen, die den Aufgaben gewachsen sind. Schaffen es unsere Landkreise und Städte endlich, gemeinsam ein vernünftiges Regionalmanagement aufzubauen, lasse ich mich auch gern überzeugen, dass alles so bleiben kann. In den letzten 10 Jahren hatte man allerdings den Eindruck, dass das in unserer Region nicht gelingt, weil Egoismen überwogen und Zuständigkeiten nicht abgegeben werden wollten. Und dass die Lobby der Landkreise stärkere Beachtung in Hannover findet als die der Gemeinden, wissen wir nicht erst seit Lüchow-Dannenberg. Und doch müssen wir uns zugunsten einer effektiveren Zusammenarbeit in der Region mit diesem Thema beschäftigen, damit unsere Regionalplanung und unser Regionalmanagement endlich zukunftsfähig werden.

Und das können wir Gemeinden zu Recht erwarten.... ein modernes leistungsstarkes Regionalmanagement!

Also - bei aller Motivation zur interkommunalen Zusammenarbeit... - ein bisschen Unterstützung könnten wir schon gebrauchen.

Vielen Dank